Camerer, Kuss & Co.

Camerer, Kuss & Co. (London) englisches Taschenuhrwerk
Taschenuhrwerk, Camerer Kuss & Co, um 1890

Zu den bekanntesten Schwarzwaldengländern zählt die Uhrenhandlung Camerer, Kuss & Co. mit Ihren Teilhabern. Die Wurzeln des Uhrengeschäftes reichen zurück bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, als sich in dem einst bedeutenden Uhrmacherdorf Neukirch, damals Amtsbezirk Triberg, der Schwarzwälder Andreas Kamerer aufmachte in England Uhren zu verkaufen.

 

Das Sortiment des Ladengeschäftes bediente in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts alle Käuferschichten. Die Großuhren, ob Wand-, Tisch- oder Kuckucksuhren, sind hauptsächlich Importware aus dem Schwarzwald. Anderster verhält es sich mit den Taschenuhren. Diese sind um die Mitte des 19. Jahrhunderts zumeist englische Fabrikate dann aber auch immer mehr französische, schweizer und amerikanische Fabrikate die in London noch den letzten Schliff wie Gravuren oder Vergoldungen erhielten.

 

Das erste Beispiel für das reichhaltige Sortiment ist das hochwertig verarbeitete Taschenuhrwerk  mit Spitzzahnankerhemmung ca. 1890.

 

 


Große Tischuhr von Camerer, Kuss & co.

Camerer, Kuss & Co London., Bracket Clock, Black Forest ca. 1870
Camerer, Kuss & Co London., Bracket Clock, Black Forest ca. 1870

Camerer, Kuss & Co. haben ein reichaltiges Angebot an Zugfederuhren in ihrem Ladengeschäft geführt. In dieser recht großen Tischuhr wurde ein frühes hölzernes Zugfederuhrwerk mit 1Tag Gangdauer verbaut, wie es schon Johann Hofmeier in den 1850er Jahren fertigte. Ich datiere diese Uhr um 1870. Das Uhrwerk darf Winterhalder & Hofmeier in Schwärzenbach und Friedenweiler, zugeordnet werden.

 

Maße:

Höhe:

Breite:

Tiefe:


Tischuhr mit Schlagwerk und Wecker: camerer, Kuss & Co.

Tischuhr von Camerer, Kuss & Co., Nussbaumgehäuse, London 1878
Tischuhr von Camerer, Kuss & Co., Nussbaumgehäuse, London 1878

 

Tischuhr aus Schwärzenbach im Schwarzwald mit Nussbaumgehäuse, massivem Uhrwerk (frazösisches System), fliegenden Federhäuser, massivem Anker (Hakengang), Stundenschlag auf Tonfeder und Wecker. Die Signaturen verraten den Verkäufer (Camerer, Kuss & Co.) das Verkaufsdatum (20.06.1878), den Käufer (Mr. Bickley) und die erste Reparatur von J. Dold im April 1886. Tischuhren mit Schlagwerk und Wecker sind verhältnismäßig selten anzutreffen. Ganz im Gegensatz zu den Schwarzwälder Schilderuhren, bei denen oft zum Schlagwerk noch ein Wecker eingebaut sein kann. In England findet man spezielle Weckuhren, die Postman Alarm Clock. Diese Wanduhren bestehen meist nur aus Gewerk und Wecker. Bei dem Tischuhrwerk dürfte es sich um ein Werk von M. Winterhalder und Hofmeier aus Schwärzenbach und Friedenweiler handeln. Es ist das gleiche Rohwerk wie bei der größeren Tischuhr von Camerer, Kuss & Co., dass auch hier vorgestellt ist, in diesem Fall aber ohne Wecker. Das Rohwerk konnte also nach Belieben mit einem zusätzlichen Wecker ausgerüstet werden.

 

Bildergalerie Uhrwerk

Maße:

Breite: 113mm, Höhe: 116mm, Tiefe (Platinen) 44mm


Bracket Clock von Camerer, Kuss & Co.

Bracket Clock, Camerer Kuss & Co. London, Black Forest 1870-1880
Bracket Clock, Camerer Kuss & Co. London, Black Forest 1870-1880

Bracket Clock wird sie im englischen genannt, im Schwarzwald des 19. Jahrhunderts wird sie als Stock- oder Federzuguhr bezeichnet. Heute würde man wohl einfach Tischuhr sagen. Eine Uhr zum Hinstellen. Wie bei den Taschenuhren bietet Camerer, Kuss & Co. auch bei den Großuhren verschiedene Qualitäten für unterschiedliche Käuferschichten an. Bei dieser Tischuhr handelt es sich um eine gute Qualität. Das Gehäuse hat eine ordentliche Größe und ist hochwertig verarbeitet. Eingebaut ist ein recht großes und massives 8-Tage Zugfederuhrwerk nach französischem System mit Halbstundenschlag auf Tonfeder. Das Uhrwerk könnte von Winterhalder & Hofmeier Schwärzenbach/Friedenweiler stammen. Viele konstruktive Elemente sprechen dafür. Die Uhr stammt aus den 1870ger Jahren und hat eine schöne Alterspatina. Man kann gut erkennen wie sich im Laufe der Zeit und durch die aufgebrachten "Pflegemittel", die Holzfarben angleichen und der ehemals vorhandene Kontrast zwischen dem Furnier und den Einlegearbeiten verblasst.

Maße:

Höhe: 38cm, Breite: 30cm, Tiefe: 15,5cm

Bildergalerie Uhrwerk

Maße:

Breite: 115mm, Höhe: 117mm, Tiefe (Platinen) 45mm


Drop Dial Clock von Camerer, KUss & Co.

Camerer, Kuss & Co., Drop Dial Clock,  1876
Camerer, Kuss & Co., Drop Dial Clock, 1876

 

1876 wurde diese Drop Dial Clock bei Camerer, Kuss und Co. in London verkauft. Dank den Firmenetiketten und den Signaturen lässt sich nachverfolgen, dass die Uhr auch immer wieder zu Camerer, Kuss zur Wartung und Reparatur zurückgebracht wurde. Das Gehäuse ist mit Nussbaumfunier veredelt. Dezente Bandeinlagen folgen der Kontur des Gehäuses. Das Zifferblatt aus Eisenblech trägt die Signatur mit der frühen Adresse 522. Oxford St. London. Die Lynette für das Zifferblattglas ist aus gedrücktem Messingblech. Verbaut ist ein 8 Tagewerk mit Holzplatinen mit Stundenschlag auf Tonfeder der Uhrenfabrik Winterhalder & Hofmeier.

Signaturen:

S 3.11.1876 E/KG

16.11.82. A.F

11/89/Y.D

2.95. B.

Maße:

Höhe: 370mm

Breite: 330mm

Tiefe: 140mm

 

 

 

Das Uhrwerk der Drop Dial Clock wird auf der Seite zu "Winterhalder & Hofmeier" noch mal genauer besprochen. Mit einem Klick auf das kleine Vorschaubild des Uhrwerkes gelangen Sie direkt auf die Winterhalder & Hofmeier Seite.


Malachit und Hämatit

Detailaufnahme der Korrosionsprodukte auf dem Taschenuhrwerk von Camerer Kuss & Co.
Detailaufnahme der Korrosionsprodukte auf dem Taschenuhrwerk von Camerer Kuss & Co.

Das Edelsteine in Uhrwerken verbaut werden ist doch vielen bekannt. Diamanten, Rubine und andere Saphire gehören zu den häufigsten Edelsteinen die für die Lagerungen der Wellenzapfen oder als Decksteine Verwendung finden. Bei diesem Uhrwerk aus dem Handelshaus Camerer Kuss & Co. in London finden sich auch noch Malachit und Hämatit. Diese Edelsteine sind nicht immer sehr beliebt, wenn sie sich im Uhrwerk befinden. Sie können in den Taschenuhren entstehen durch Feuchteeintrag, viel Zeit und Ruhe. Bei diesem Beispiel haben sich schöne sternförmige Malachitkristalle ausbilden können. Korrosion hat seine eigene Ästhetik die durch Formenvielfalt und Farbenreichtum begeistern kann. 

 

Werk: englische Spitzzahnankerhemmung, Kronenaufzug

Ø Platine Rückseite: 41,6 mm

Ø Platine Zifferblattseite: 43,8mm

Signatur: London No. 59074 Camerer Kuss & Co-56 New Oxford Street

England um 1910


Ein Schwarzwaldengländer in Baden

Lackschilduhr von Camerer, Kuss & Co. Baden
Schottenuhr, Camerer Kuss & Co, Schwarzwald 1875

Camerer, Kuss & Co - das in London ansässiges Uhrengeschäft verkaufte wohl auch in Baden Uhren. Wir wissen, dass Gordian Hettich aus Furtwangen in Baden, gemeint ist die heutige Stadt Baden-Baden, ein Ladengeschäft betrieb. Im Comissionsbericht zur Industrieausstellung Villingen 1858 heißt es: "Gordian Hettich, welchem eine Bude auf der Promenade in Baden zum Verkaufe der Erzeugnisse der Schwarzwälder Industrie eingeräumt ist, hat das Verdienst, Uhren in geschmackvolleren Formen in den Handel zu bringen." (Quelle 4, S. 74) Wie umfangreich der Handel von Camerer & Kuss dort war kann noch nicht beantwortet werden. Der Uhrmacher Joseph Maier aus Langenordnach lieferte das hintereinandergebaute 24 Stundenwerkle mit Kettenzug. Die Inschrift auf der Rückseite des Uhrwerkes lautet: 3709 S 15.3.75 L KE(?)/x (?). Unter anderem ist hier wohl das Verkaufsdatum vermerkt mit Sold 15.3.1875.  Es könnte sich bei dem recht luftig und hell gestalteten Ührchen um ein Souvenier für den Kurgast in Baden gehandelt haben. Bei dem aufgebrachten Abziehbildchen mit der romantischen Ruinenlandschaft kommt einem der Gedanke an die von Baden 45 Kilometer Entfern liegende verfallene Klosterruine Allerheiligen, die bereits im 19. Jahrhundert eine Sehenswürdigkeit war. (Höhe des Lackschildes 21cm) 


Blick in die Geschäftsstraßen von London

Postkarte der New Oxford Street, London um 1910
Postkarte der New Oxford Street, London um 1910

Ein Geschäft reiht sich an das andere. Die Oxford und die daran anschließende New Oxford Street gehöhrten zu den bekanntesten Geschäftsstraßen von London. Auch heute noch sind es mit die bedeutendsten Einkaufs- und Vesperstraßen von London. Auf der linken Straßenseite kann man auf der Potkarte das Schild mit der Nr. 56 und die darunter an die Hauswand montierte Uhr erkennen. Dort befindet sich das Uhrengeschäft von Camerer, Kuss & Co.


2. Broad Street Bloomsbury

Englisches Taschenuhrwerk von Camerer Kuss & Co., 2 Broad Street Bloomsbury
Englisches Taschenuhrwerk von Camerer Kuss & Co., 2 Broad Street Bloomsbury

Die Firma Camerer Kuss & Co. hatte in London mehrere Filialen. Neben der in der Oxford Street bestand eine weitere in der Broad Street Nr. 2. im ehemaligen Ortsteil Bloomsbury.

Die Unruhwelle und das Gangrad sind in Steinen gelagert. Als Hemmung ist die englische Spitzzahnankerhemmung verbaut.

 

Ø Platinen Rückseite: 36 mm

Ø Platine Zifferblattseite : 41 mm

 

In der Fotogalerie ist dem Taschenuhrwerk mit der Werknummer 75456 das nur um drei Nummern verschiedene Werk 75459 gegenübergestellt.

 

 

Werknummer 75459

Werknummer 75459, Camerer Kuss & Co.
Werknummer 75459, Camerer Kuss & Co.

Werknummer 75456

Werknummer 75456, Camerer Kuss & Co.
Werknummer 75456, Camerer Kuss & Co.


56. New Oxford Street London

pocket watch Camerer Kuss & Co London 1880
Taschenuhr mit Silbergehäuse, Camerer Kuss & Co., London 1880

In den 1880ger Jahren wurden in einem Teil der Oxfordstreet rege Bauarbeiten durchgeführt und es kam zu einer Umbenennung in New Oxford Street und damit verbunden auch zu einer Neunummerierung. Terence Camerer Cuss nennt in seinem Buch: "Camerer Cuss &Co, The Bicentenary 1788-1988" [Quelle1] das Jahr 1881 als das Jahr in dem die Umbenennung und Neunummerierung erfolgte. Eine Quelle für diese Jahreszahl nennt er nicht. Diese Taschenuhr trägt die Signatur von Camerer, Kuss & Co 522 Oxford St. LONDON. Das Gehäuse wurde in London hergestellt und es ist die Punze E für das Jahr 1880 eingeschlagen. Die Uhr bestätigt somit die Angaben von Terence Camerer Cuss, dass bis 1880 die alte Adresse galt. Nun fehlt nur noch eine datierte Uhr von 1881 mit der neuen Adresse um den Beweis zu vervollständigen.

 

London 1880, englische Spitzzahnankerhemmung, Silbergehäuse


Taschenuhrenschlüssel von Cammerer, Kuss & Co.

Taschenuhrenschlüssel von Camerer, Kuss & Co. London
Taschenuhrschlüssel, Camerer Kuss & Co, England um 1880

Passend zu den signierten Taschenuhren gabs auch die Uhrenschlüssel von Camerer, Kuss & Co. mit je einer Filialadresse auf der Vorderseite und einer auf der Rückseite.

(Adresse auf der Rückseite: No. 2 Broadst. Bloomsbury London)

 

Weitere Uhrenschlüssel finden Sie unter der Rubrik:  Uhren - A. Furtwängler


Das Taschenuhrwerk in der Grundausstattung

Camerer, Kuss & Co. englisches Taschenuhrwerk
Taschenuhrwerk, Camerer Kuss & Co, England um 1885

7 Steine (Diamantdeckstein), flache Spirale, polierter Unruhreif und fein gravierter Unruhkloben, das gehöhrt zur Grundausstattung des englischen Taschenuhrwerkes mit Spitzzahnankerhemmung von Camerer, Kuss & Co. 

Das Taschenuhrwerk oben, ganz zu Beginn der Seite, besitzt Sonderausstattungen mit 13 Steinen (Lagerstellen zum Teil mit geschraubten Chatons), Spirale mit Endkurve und Schraubenunruh (Bimetall). 

 

Bei der Signatur ist dem Graveur wohl ein kleiner Fehler unterlaufen. Die Adresse von Camerer, Kuss & Co. lautet auf dem Werk 56. Oxford St., es sollte wohl 56. New Oxford St. heißen.

 

England um 1885


Cottage Mantel Clock

Cottage Mantel Clock, Camerer, Kuss & Co, Schwarzwald 1877
Cottage Mantel Clock, Camerer Kuss Tritschler & Co, Schwarzwald 1877

Ein typischer Artikel der im Schwarzwald für den englischen Markt produziert wurde ist eine kleine Tischuhr mit Federzugwerk: das Cottätschle. Dieses Sortimentbeispiel der Uhrenhandlung Camerer, Kuss & Co. zeigt ein solches in der einfachen Ausführung mit Gehwerk und Wecker. Oft findet man ein Werk der Firma Winderhalder & Hofmeier in diesem Typ Uhren. Dieses hier verbaute Holzplatinenwerk, Hersteller unbekannt, könnte eine billigere Variante gegenüber den Messingplatinenwerken von Winterhalder & Hofmeier gewesen sein oder sogar selbst von Winterhalder & Hofmeier stammen.

 

Verkaufsdatum 8. Juli 1877

 

Im Laufe der Zeit haben die Adresse, die Anzahl der Filialen und die Geschäftsteilhaber gewechselt. Damit ist neben der Konstruktion des Uhrwerks, der Gestaltung des Gehäuses bzw. des Uhrenschildes ein weiteres Instrument zur Datierung gegeben: Das Firmenetikett.


Quellen:

  1. Camerer Cuss, Terence:"Camerer Cuss &Co, The Bicentenary 1788-1988" London 1988
  2. "The Antiquarian Horological Society" Number Four, Volume Thirty-Three, June 2012, S. 506-508
  3. Schaaf, Berthold:"Schwarzwalduhren", G. Braun, 2008
  4. Diez R.:"Commissions-Bericht über die Schwarzwälder Industrieausstellung zu Villingen im Spätjahr 1858", Chr. Fr. Müller'sche Hofbuchhandlung, Karlsruhe 1858