Malschichtverlust durch Klimaschwankungen

Wenn das Uhrenschild seine Fassung verliert.

Detailaufnahme des Schadens an einem schwarzwälder Uhrenschild. Die Bemalung hat sich abgelöst, steht vom Malgrund ab und ist stark beschädigt.
Abgelöste und beschädigte Bemalung auf einem lackierten Uhrenschild (Schwarzwald um 1810)

Im Dezember 2024 konnte ich in Frankreich eine schwarzwälder Uhr mit einem interessanten Uhrenschild erwerben. Die feuchte Luft in Frankreich und die trockene Luft in meiner beheizten Werkstatt hat zur Schrumpfung des Holzschildes und damit zur Ablösung großer Bereiche der Malschicht geführt. Eine Restaurierung ist nur noch begrenzt möglich und der erforderliche Aufwand eigentlich kaum sinnvoll. 

Noch nie habe ich einen derartig schlimmen Schaden an einem Uhrenschild in seinen einzelnen Zuständen dokumentieren können. Obwohl ich dem Schild schon ein wenig nachweine, ist es dank der guten Dokumentation aber doch ein tolles Lehrstück. 


Zustand des Uhrenschildes am 4. Januar

Das Uhrenschild nach dem auspacken. Die Malschicht liegt noch auf dem Holzschild an aber es zeigen sich schon Fehlstellen gegenüber dem Verkaufsfoto auf eBay.
Das Uhrenschild nach dem Auspacken, es zeigen sich schon Fehlstellen gegenüber dem Verkaufsfoto auf eBay

Die Uhr kam in der ersten Januarwoche 2025 bei mir an. Am 7. Januar habe ich die Uhr ausgepackt und den Zustand fotografisch dokumentiert. Die sofortige umfangreiche fotografische Dokumentation sollte sich noch als Glücksfall herausstellen. 

Schon bei der ersten Dokumentation sind mir die Verluste in der Bemalung am linken Rand aufgefallen. Die Fehlstellen waren auf dem Verkaufsfoto im eBay noch nicht vorhanden. Einige Farbschollen lagen im Versandkarton und der Verpackung aber sie waren zu sehr zerbröselt um sie aufzuheben oder gar wieder auf dem Schild zu fixieren. 


Zustand des Uhrenschildes am 7. Januar

Als ich am Dienstag den 7. Januar, nur zwei Tage später, wieder einen Blick auf das Uhrenschild warf, war ich doch ein wenig überrascht. Fast die Hälfte der Malschicht war abgelöst und stand vom Malgrund, dem Holzschild, ab. Das kann man gut druch den Schattenwurf in den Streiflichtaufnahmen erkennen. Sowas habe ich noch nie erlebt und dann gleich in dem Ausmaß. Nach der Dokumentation des Schadens, habe ich das Schild erst mal liegen lassen. Eine Restaurierung würde viel Zeit kosten, die ich damals nicht hatte.


Zustand des Uhrenschildes am 15. August

Nachdem das Uhrenschild mehere Monate Zeit hatte sich dem Klima anzupassen, wollte ich mich an die Arbeit machen und die abstehende Bemalung sichern. Inzwischen hat sich der große "Buckel" selbstständig niedergelegt und nur noch im Bogen und am unteren Rand standen die Farbschollen hoch. 


Die Restaurierung des Uhrenschildes

Mit Pinseln werden bei der Restaurierung die abgelösten Farbschollen an ihre ursprüngliche Stellen geschoben.
Die Restaurierung des Uhrenschildes

Bei der Restaurierung habe ich am linken Rand begonnen die abgelöste Farbschicht zu sichern und wieder an den Holzgrund zu binden. Danach ging es an den Schaden am rechten unteren Rand. Da die Farbschollen auch übereinander lagen, musste dieses Durcheinander erst mal geordnet werden. 

Erst bei der Bearbeitung und dem Zuordnen der Farbschollen habe ich bemerkt, dass sich die Bemalung gegeneinander verschoben hat. Der Bereich mit der abgelößten Farbscholle hat sich um ca. 2 mm gegenüber der noch festen Farbschicht verschoben (siehe rote Markierungen im Foto). Das liegt am Schrumpfen des Holzgrundes. Man sieht schön, wie nun die lose Farbscholle über den Holzrand hinaus steht. Somit passt die Malerei auf dem Schild nicht mehr zusammen. 

Was für den unteren Bereich des Schildes zu trifft, gilt auch für die aufstehenden Farbschollen im Bereich des Schildbogens. Um die Schollen nieder zu legen, fehlen mindestens 2 mm an Raum. 

 

So habe ich das Schild wieder dokumentiert und lege es bei Seite. Denn eine befriedigende Restaurierung ist so kaum möglich. Die Farbschollen passen einfach nicht mehr auf den geschrumpften Holzträger. 


Fazit:

Der entstandene Schaden lässt sich erklären durch eine zu feuchte Lagerung der Uhr in Frankreich und eine zu geringe Luftfeuchte in meinen Räumlichkeiten zu Jahreswende. Der Winter ist halt auch im Schwarzwald eine Zeit, in der ich mal den Heizkörper anwerfe. Selbst nach 7 Monaten hat sich der Holzträger und die Malschicht nicht wieder angeglichen. Das Holzschild ist noch immer zu klein für die Bemalung, die nicht im gleichen Maße geschrumpft ist. 

Nun ist dies aber nicht die erste und nicht die einzigeste Uhr aus Frankreich, die in der Heizperiode zu mir kam. Noch nie hatte sich bis jetzt auch nur im Ansatz ein solch großes Schadpotential abgezeichnet. Da schon beim Transport aus Frankreich eine recht große Fehlstelle am linken Rand entstanden ist, war die Fassung wohl schon zuvor in großen Bereichen vom Holzgrund gelöst. So konnte die Fassung nicht mehr die Kräfte aufnehmen die mit dem Schwinden und Quellen einher gehen. Dieser Vorfall zeigt sehr anschaulich, wie wichtig ein Bewusstsein für die Raumluftfeuchte ist, wenn man auch Zuhause bemalte oder gefasste Kulturgüter aus Holz aufbewahrt.