Holzuhren wurden nicht nur im Schwarzwald hergestellt, viele andere Regionen taten dies im gleich. So verwundert es auch nicht, dass auch dort die Holzuhren von Uhrenträger auf den Straßen zum Verkauf angeboten wurden. Die Grafik zeigt einen solchen hausierenden Schweizer Uhrenträger vor einem Bauernhaus mit dessen Bewohnern. Was er da auf seinem Buckel und vor der Brust trägt scheinen keine Schwarzwälder, sondern Schweizer Holzuhren zu sein.
Auf der Rückseite der Grafik ist vermerkt: Umkreis Wolfgang Adam Töpffer (Genf 1766 - 1847 Morillon), das kingt gut und mag vielleicht verkaufsfördernd sein, sagt aber eigentlich nicht viel aus. Das Blatt ist Signiert mit dem Monogramm: A. A.. Verschiedene Elemente geben Anlass dazu, die Darstellung glaubhaft in die Schweiz zu verorten.
Bleistiftzeichnung und Aquarell mit Weißhöhungen auf Papier, um 1850
2. Juli 2023
Beim Recherchieren zu meinem Uhrenheftle bin ich in Adolf Kistners Abhandlung:" Die Schwarzwälder Uhr" von 1927, auf eine Abbildung gestoßen, die den Schweizer Uhrenhändler zeigt. Dank seinen guten Quellenangaben konnte ich auch gleich ein Buch bestellen, in der Hoffnung das es weitere Nachforschungen ermöglicht.
2. August 2023
Nachdem die erste Bestellung des Buches mich nicht erreichte, habe ich also den: "Führer durch die Uhrensammlung", der Königlich Württembergischen Landes-Gewerbehalle von 1913 noch ein zweites mal bestellt.
Nun kann ich schon mal erkennen, dass auf dem Tablett das Bild mit "Der Uhrenhändler" betittelt ist. Nun kann ich auch mal direkt nach dem Objekt forschen, vielleicht gibt das noch weitere Information preis.
Der Schwarzwälder Uhrenträger, der durch die Lande zog um die Holzuhren zu verkaufen, wurde, wie z.B. auch der Schwarzwälder Uhrmacher, schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in romantisierenden Darstellungen in vielen Büchern und Zeitschriften beschrieben. Der Titel der Abgebildeten Postkarte, mit Poststempel von 13. März 1907, heißt auch: Schwarzwald Idylle. Der Hausierhandel war genau geregelt und sollte nicht in Konkurrenz treten zu den ansässigen Gewerbetreibenden. Die gesetzlichen Regelungen waren von Land zu Land verschieden. In der Fotogalerie ist ein Auszug der Verfügungen für das Wandergewerbe und den Hausierhandel des Königreichs Württemberg vom 15. März 1851 wiedergegeben.
Am 25. Oktober 1862 trat im Großherzogtum Baden das neue Gewerbegesetz in Wirksamkeit, mit dem die Gewerbefreiheit weitgehend umgesetzt wurde. Bereits in den Jahrzehnten zuvor wurde schon Schrittweise darauf hingearbeitet. Die folgende Aufstellung soll einen Einblick geben in das bunte Treiben auf den badischen Straßen dieser Zeit.
"In der Zeit vom 15. Okt. 1862 bis 15. April 1863 wurden von sämmtlichen Aemtern des Großherzogthums Hausier-Ausweise ertheilt: an Inländer 5865, an Ausländer und zwar: aus Bayern 1085, Württemberg 557, Preußen 453, Oesterreich 321, Hessen Großherzogthum 92, Nassau 54, Hessen Kurfürstenthum 47, Sachsen Königreich 11, Sachsen-Koburg 5, Luxemburg 3, Sachen Meiningen 3, Lippe Detmold 2, Sachsen-Weimar 1, Oldenburg 1, Frankfurt 1, Italien 161, Frankreich 86, der Schweiz 75, den Niederlanden 15, Belgien 2, Centralafrika 1, Persien 1, zusammen 2979, Gesammtzahl aller Hausier-Ausweise 8844" (Quelle 4, S. 259-260). Die Graphik "Tryberger Volkstracht" zeigt in der Mitte einen einheimischen Uhrenträger und rechts daneben eine Frau mit Stroh und Strohgeflecht.
Die Postkarte Zeigt Franz Beha (1817-1907) von Neukrich (bei Furtwangen), genannt der Mühle-Franz. Das Foto stammt von Alfred Wehrle, Furtwangen 1897.
Der Mühle-Franz hat seine historisierende Holzuhren als Raritäten an die Touristen verkauft.
Bemerkenswert:
Das ist eine Mütze die er auf dem Kopf trägt.
Der Uhrenträger war nicht nur in den deutschen Zeitschriften ein Artikel wert, auch in vielen ausländischen Illustrierten findet man ihn immer wieder. Den Anfang zur Sammlung ausländischer Darstellungen macht die Graphik "Costumi del Granducato d Baden" aus einer italienischen Zeitschrift von 1869. Leider ist es mir bis jetzt noch nicht gelungen, den Namen der Zeitschrift herauszufinden.
Im Januar 1828 macht sich der Uhrenhändler Christan Salenbach aus Ober-Glottertal auf, um in Frankreich mit Schwarzwälder Uhren zu handeln. Neben den Behörden und Polizeistempel ist auf der Rückseite ein Visa Stempel aus Belfort, womit man annehmen darf, dass er dort seine Uhren verkaufen wollte. Der Vordruck des Reisepass ist einsprachig. Eine französiche Behörde hat zusätzlich die auf französich übersetzten Personendaten wie Alter, Größe und Haarfarbe handschriftlich auf den Pass geschrieben.
Maße:
Höhe: 42 cm
Breite: 25,5 cm
Um 1900 war der Uhrenträger Botschafter und Identifikationsfigur für den Uhrenmachenden Schwarzwald. Heute ist er vom Schwarzwaldmädel, Bollenhut, Kirschtorte, Kirschwasser und dem Speck etwas in den Hintergrund gedrängt worden. Man fand ihn auf Geldscheinen, wie den abgebildeten Notgeldscheinen, Werbemarken, Wegweisern und Schaufensterfiguren um nur einige zu nennen.
Der folgende Auszug aus einem Brief von B. Krieger aus Lenzkirch an Anton Witprächtiger in Grossdietwil (Schweiz) umschreibt nett und direkt die Situation des Uhrenhandelns und die Konkurrenz aus Schwaben im Frühjahr 1869:"[...] in Ihrem Schreiben vom 16. Jäner sagen Sie das meine Rependir uhren solten etwas biliger sein kenten Sie mehr absetzen, nun habe Ihnen auf Stück 50 sontin biliger angerechnet zu fs 12=50, wollen Sie aber noch mal biliger haben so mus ich mit bedauern darauf verzüchten und keine mehr machen.
wen ein Donnerwetter die Ganze Mausefallenmacheri Kunst und [....] alle uhrenhändler alle sämtlichen uhren 100 Stund under die Erde nein schlagen wirde das nimand mehr wiste welche Zeit es were das were am besten,
geben Sie acht ich gebe das betler geschäft noch auf und geh in Fabrik hir und schaffe um 2 Franken per Tag stell mih beßer
das die Schwaben die Ganz Schweiz ausbethlen ist richtig und drek verkaufen. Kennen Sie den diese schadhaften Vögel nicht ausrothen und ferschißen, ich will Ihne das Pulfer und Blei zahlen. [...]"
Anfang April 1803 machte sich der Schwarzwälder Uhrenhändler Johann Georg Straub aus Neustadt auf den Weg um in Frankreich mit hölzernen Uhren zu handeln. Sein Reisepass mit den entsprechenden Visaeinträgen ist ein Spiegel seiner Zeit, denn 1803 ist ein besonderes Jahr für den Schwarzwald und ganz Europa. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 begann die Neuordnung Deutschlands in dessen Verlauf viele Gebiete des Uhrenmachenden Schwarzwaldes z.B. 1806 ein Großteil der Fürstenbergischen Gebiete, zu dem auch der Heimatort Neustadt des Uhrenhändler Johan Straub zählte, dem dann Großherzoglichen Baden zugesprochen wurden. Der Uhrenhändler Straub reiste über Kehl, Straßburg, Rastatt und Karlsruhe nach Lille und man muss schon ganz tief in die Landesgeschichte eindringen um zu sehen zu welchem Herrschaftsgebiet die Städte gehörten die er im April bis Mai 1803 durchwanderte.
"Von Seiten des Hochfürstl. Fürstenbergischem Obervogtey Amt werden hiermit alle Civil- und Militair-Obrikeiten ersucht, den Vorzeiger dieses Johann georg Straub Uhrenhändler gebürtig von Neustatt wohnhaft zu Neustatt ledig Mitler von Statur 5 1/2 Fus hoch Brauner Haaren Breiter Strine Brauner Augenbrauen grauer Augen Mitler Nase Vollen Wangen Mitlern Mund Rothen Lippen Weißen Zähnen ohne Bart Rundem Kinn Lebhaften Angesicht Breiter Schulern ohne Gebrechen 21 Jahr alt, der Vorhabens ist, mit Holzernen von Neustatt ab, durch Straßburg nach Frankreich zu handlen, zu reisen, innerhalb einer Zeit von Einem Jahr als für welche Zeit allein dieser Paß für gültig zu erkenen ist, ungehindert hin und her reisen zu lassen, und gleiche Rechts-Gefälligkeit von hier zu erwarten. Urkundlich des vorgedruckten Kanzley Innsiegels und Unterschrift. Gegeben Neustatt ausm Schwarzwald den 29.te Merz 1803 Unterschrift des Reisenden. Johan Georg Straub
Visaeinträge so weit ich sie bis jetzt lesen konnte:
"vu passer le petit pont de Kehl le 14 germinal XI"
"Reist von Kehl Nach Raststatt ten 4. Aprill"
"Vu par le chargé d´áffaires de la République francaise dans le cercle de Suabe. Carlsrouhe 15. germinal XI N Massias"
(Zu beachten sind die Datumsangaben nach dem Revolutionskalender)
Maße: 326mm x 200mm
Genauso wichtig wie das Produzieren der Uhren ist auch der Verkauf. Schwarzwälder Uhren wurden im 18. und 19. Jahrhundert oft durch die Schwarzwälder selbst vertrieben. Der Hausierhandel und in den Städten noch zusätzlich das Ladengeschäft bestimmten den Verkauf. Das Foto zeigt ein Uhrengeschäft in dem Großuhren, Kleinuhren und auch Schmuck verkauft werden. Es ist nicht näher bezeichnet und dürfte um 1925 entstanden sein.
Der kurze Brief an den Uhrenhändler Karl Wehrle gibt uns einen guten Einblick über den Weg, den seine Schwarzwälder Uhren von Eisenbach über Freiburg, Straßburg nach Barcelona nahmen und zeigt auch, dass nicht ein Spediteur sondern mehrere Speditionen bei dieser langen Reise beteiligt waren.
Zuerst war Karl Wehrle selbst als Uhrenhändler in Barcelona tätig. In Spanien hat er wohl auch seinen Namen an die Landessprache angepasst und aus Karl wurde Carlos. Ob Karl Wehrle in Barcelona ein eigenes Ladengeschäft oder nur ein Uhrenlager hatte, konnte ich bis jetzt nicht eindeutig festmachen. Anhand der Quellen können einige Stationen seines Lebens nachvollzogen werden:
1845:"Eisenbach. [...] Handelsleute. Abwesend in: [...]Spanien. [...] Karl Wehrle, Barcelona" (Quelle 1, S. 36)
1847:"Uhrenhändler (Abwesend) [...] Eisenbach [...] Spanien [...] Wehrle, Karl und Wehrle, Matthä in Barcelona" (Quelle2, S. 61)
1860:"Uhrenspediteure. [...] Eisenbach. [...] Wehrle Karl" (Quelle 3, S. 108)
Strasburg den 9 Februar 1855
Herrn Carlos Wehrle in Eisenbach
Durch Herrn E. H. Moeller in Freiburg erhielten wir als von Ihnen kommend CW No 51. 1 Kiste Uhren ohne weitere Inhaltsangabe noch Bestimmung derselben.
Wir bitten Sie daher, uns gefälligst umgehend den Inhalt dieser Kiste angeben und und sagen zu wollen ob solche wie gewöhnlich an Ihre werthe Adresse nach Barcelona zu senden ist.
Es liegt in Ihrem Interesse uns baldigst mit einer Antwort zu beehren, da das Lagergeld in hiesiger Douane sehr theuer ist.
In deren Erwartung haben wir die Ehre uns Ihnen höflichst und freundschafltlichst zu empfehlen
Oppermann&strohl
Neben dem Hausierhandel und dem Ladengeschäft, begann zum Ende des 19. Jahrhunderts auch das Versandgeschäft. Ein Beispiel dafür ist das "Uhren-Versandt-Geschäft Wilhelm Blumenstock Villingen (bad. Schwarzwald)". Der Katalog beinhaltet hauptsächlich Schwarzwälder Uhren. Mit einem Klick auf das Titelfoto, gelangen Sie zum Katalog. Der Katalog dürfte in den Jahren 1903 - 1904 entstanden sein.
Quellen: